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Alumni

Christoph Windheuser

Global Head of Intelligent Empowerment

Wo stehen Unternehmen in Deutschland derzeit bezüglich “Künstliche Intelligenz” (KI)?

 

Unternehmen aus Industrien, in denen die Anwendungen offensichtlich sind, wie zum Beispiel im Handel oder im Bankenbereich, sind schon sehr weit in der Umsetzung. Im E-Commerce zum Beispiel ist der Einsatz von KI in Anwendungen wie Absatzplanung, Logistikoptimierung, persönliche Empfehlungen, Onlinemarketing oder Fraud-Detection inzwischen State of the Art. Andere Industrien stehen noch eher am Anfang eines umfangreichen KI Einsatzes.

 

Aber alle Unternehmen beschäftigen sich mit dem Thema und loten die Möglichkeiten aus. Doch die Zeit des Ausprobierens geht langsam zu Ende. Gadi Singer, Vice President für AI bei Intel, brachte es auf der O’Reilly Konferenz im April 2019 in New York auf den Punkt: “Machine Learning und Deep Learning machen sich nun an die Arbeit. Die Zeit des Experimentierens ist vorbei, sie werden nun in den Key Business Applications eingesetzt.” ("Machine learning and deep learning are being put to work now. They're no longer experimental; they're being put to use in key business applications.”).

 

Für Unternehmen wird es Zeit zu handeln. Wer hier den Anschluss verpasst, gerät schnell ins Hintertreffen gegenüber der Konkurrenz.

 

Was bedeutet es für Unternehmen genau, wenn sie KI einsetzen wollen und welchen Herausforderungen stehen sie dabei gegenüber?

 

Der Einsatz von KI im produktiven Unternehmenskontext hat nichts mit dem Ausprobieren von KI Tutorials auf dem eigenen Laptop zu tun. Aber auch die eigene IT-Abteilung oder In-House Softwareentwicklung muss umdenken, da der Einsatz von KI ganz neue Herausforderungen mit sich bringt. Das fängt mit der Verarbeitung großer Datenmengen an. Um aus rohen Daten wertvolle Informationen zu gewinnen, müssen die Daten gesammelt, gesäubert, verarbeitet, gespeichert und modelliert werden. Und da sich die Wirklichkeit ständig ändert, sind die Daten zum Zeitpunkt der Verarbeitung oft schon wieder veraltet. Die Daten und die entsprechenden Machine Learning Modelle müssen also kontinuierlich angepasst werden. Thoughtworks nennt diesen Zyklus “Continuous Intelligence”.

 

Mitarbeiter mit teilweise neuen Skills und sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen wie Data Scientists, Data Engineers, Machine Learning Experten, Entwickler und Infrastruktur-Experten müssen in Mixed-Teams Hand in Hand zusammenarbeiten, ohne eine “über-den-Zaun-werfen” Mentalität zu entwickeln. Und die aus der Softwareentwicklung bewährten Methoden wie Test-Driven Development, Continuous Integration und Continuous Delivery müssen an diese neue Situation angepasst werden. Thoughtworks hat dafür die Methode Continuous Delivery for Machine Learning (CD4ML) entwickelt.

 

Derzeit wird viel über Data- oder AI-driven Companies gesprochen. Was heißt das genau und wie könnten Unternehmen in der Zukunft aussehen?

 

Google war 2017 das erste Unternehmen, das sich “AI First” nannte und diese Strategie seitdem konsequent umgesetzt hat. Heute gibt es bei Google Tausende AI-getriebene produktive Use Cases. Viele Unternehmen sind auf den Zug aufgesprungen und haben sich zum “Data-driven” oder “AI-driven” Unternehmen erklärt. Oft wird allerdings übersehen, dass es mit einigen schönen AI Showcases oder bunten Reports aus der neuen Data Scientist-Abteilung nicht getan ist.

 

Um sich ernsthaft auf den Weg zum AI-driven Unternehmen zu machen, müssen Unternehmen sich entlang zweier Achsen verändern: Entlang der einen Achse müssen Daten und die darauf agierenden Machine Learning Algorithmen systematisch für die Generierung von neuem Wissen im gesamten Unternehmen eingesetzt werden. Dazu müssen Data Scientists die Daten analysieren, visualisieren und mit Machine Learning Modellen modellieren. Hierdurch entstehen viele neue Erkenntnisse und Vorhersagemöglichkeiten. Entlang der anderen Achse muss die Fähigkeit entwickelt werden, diese neuen Erkenntnisse systematisch und in Echtzeit in den operativen Prozessen zu nutzen. Hiervon sind alle Unternehmensbereiche zum Beispiel durch Prozessautomatisierung, Entscheidungsunterstützung oder auch bei der Produktentwicklung betroffen.

 

Erst die konsequente Entwicklung entlang dieser beiden Achsen macht ein Unternehmen letztendlich zum AI-driven Unternehmen. Das Ergebnis ist ein hocheffizientes Unternehmen, das sich sehr schnell an verändernde Marktumgebungen anpassen und damit große Wettbewerbsvorteile erlangen kann.